Energiewende im Mehrfamilienhaus

Energiewende im Mehrfamilienhaus

Wärmepumpe, Elektroauto und Photovoltaikanlage auf dem Dach sind Mittel der Wahl für die private Energiewende. Der “Häusle-Besitzer” hat es hierbei vergleichsweise einfach - man kann im eigenen Haus das tun, was man für richtig hält. Wohnt man allerdings in einem Mehrfamilienhaus, dann muss man sich bei diesen Themen mit der Eigentümergemeinschaft und ggf. mit dem Vermieter abstimmen. Dieser Artikel soll den Weg erzählen, den wir in unserem Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen gegangen sind, die teilweise im Eigentum bewohnt und teilweise vermietet sind.

Blick zurück

Das Haus wurde 2012 zum ersten Mal bezogen. Mehr oder weniger durch einen glücklichen Zufall wurde die ursprünglich geplante Gaszentralheizung noch in der Planungsphase durch eine zentrale Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzt. Mit einem speziellen Wärmepumpentarif und einer guten Wärmedämmung waren die Heizkosten so schon immer erfreulich niedrig.

Das erste Elektroauto

2021 stand die Wahl eines neuen Firmenwagens an. Da mein Arbeitgeber und auch der Gesetzgeber zur der Zeit Elektroautos stark gefördert hat fiel die Wahl auf einen VW ID.3. Damit verbunden stellte sich auch die Frage nach einer privaten Wallbox auf dem Stellplatz in der Tiefgarage. Durch das KfW-Förderprogramms 440 bestand auch hier die Möglichkeit 900 Euro Zuschuss zu bekommen. In der Diskussion mit der Eigentümergemeinschaft stellte sich heraus, dass noch zwei andere Eigentümer eine Wallbox installieren wollen. Nach einer ersten Video-Konferenz im März wurde ein passender Beschluss in der Eigentümergemeinschaft  gefasst. Bei den Stadtwerken wurde eine “Verstärkung” des Hausanschlusses um 33 kW beantragt auf dann 70 kW. Die Genehmigung hat zwar 3 Monate auf sich warten lassen wurde aber ohne Probleme erteilt. Die Sicherungen Im Hauptanschlusskosten wurden in der Folge entsprechend getauscht. Die Zuleitung zum Haus musste dafür nicht getauscht werden, da der Leitungsquerschnitt bereits ausreichend für die neue Anschlussleistung war.

Dann wurde die Förderung bei der KfW von allen drei Eigentümern beantragt und ein Fachbetrieb mit der Installation der Wallboxen beauftragt. Bedingt durch Lieferengpässe wurden die Wallboxen dann erst im November 2021 installiert – der ID.3 stand hingegen schon seit Oktober in der Garage und wurde in der Zwischenzeit ausschließlich öffentlich geladen.

Photovoltaik

Parallel zur Beschäftigung mit dem Thema Ladeinfrastruktur haben wir uns auch mit der Möglichkeit der Installation einer PV-Anlage informiert. Der “Knackpunkt” beim Thema PV-Anlage und Mehrfamilienhaus ist das sogenannte Betriebskonzept. Wer ist Besitzer und Betreiber der PV-Anlage? Wer verbraucht den Strom wofür und wie werden Stromkosten abgerechnet. Das Interesse an dem Thema war sehr groß – vier von fünf Eigentümer wollten hier investieren. Daher haben wir uns im September 2021 von der Energieagentur Regio Freiburg zu dem Thema beraten lassen.

Zunächst wurde erörtert, ob die Eigentümergemeinschaft eine große PV-Anlage gemeinschaftlich installiert und betreibt. Der Strom der PV-Anlage kann für gemeinsam betriebene Anlagen wie den Aufzug und die Wärmepumpe als auch für die Wohnungen und die privaten Wallboxen verwendet werden. Reicht der erzeugte Strom nicht aus, wird gemeinschaftlich Strom zugekauft – wird mehr Strom erzeugt als gerade verbraucht wird, wird dieser Überschuss gemeinschaftlich ins Netz eingespeist. In diesem Modell gibt es nur noch einen offiziellen Stromzähler der Stadtwerke für das gesamte Haus. Für die Abrechnung gibt es für jede Wohnung lediglich noch einen internen Stromzähler. Die Kosten für den Strom werden über die Nebenkostenabrechnung anteilig nach den Zählerständen abgerechnet – ganz ähnlich wie man es für Wasser oder die Müllabfuhr tut. Für Vermieter stellt dieses Modell allerdings durchaus eine Hürde da. Der Mieter profitiert von niedrigen Stromkosten, die Investitionskosten liegen zunächst beim Vermieter. Diese Investitionskosten können dann lediglich über eine Erhöhung der Kaltmiete finanziert werden. Weiterhin ist es recht unüblich, den Strom über die Nebenkostenabrechnung abzurechnen. Theoretisch ist es auch möglich, dass nicht alle Wohnungen beim Betrieb einer gemeinschaftlich betriebenen Anlage beteiligt sind, aber das macht die Abrechnung nochmal komplizierter. Die Vereinfachungen der steuerlichen Behandlung von PV-Anlagen kamen erst für das Steuerjahr 2023 und somit etwas zu spät. Zum Zeitpunkt der Beratung stellte das Thema „Finanzamt“ im gemeinschaftlichen Modell einen weiteren Hemmschuh dar. Nach der Beratung und nachfolgenden Videokonferenzen kamen wir so zu dem Schluss, dass wir das gemeinschaftliche Modell nicht umsetzen werden. Stattdessen errichtet jeder interessierte Eigentümer eine eigene unabhängige PV-Anlage auf dem gemeinschaftlichen Dach. So kann der erzeugte PV-Strom sehr einfach in der Wohnung und an der Wallbox genutzt werden, ohne dass viel Bürokratie entstehen würde. Der Nachteil davon ist allerdings, dass Wärmepumpe und Allgemeinstrom (z.B. für den Aufzug) davon nicht profitieren können. Um alles juristisch sauber abzubilden hat jeder der vier PV-Betreiber mit der Eigentümergemeinschaft einen Dachmietvertrag abgeschlossen. Es gibt noch weitere Betriebskonzept für PV-Anlagen im Mehrfamilienhaus. Diese wurden allerdings nicht tiefergehend untersucht und diese hier vorzustellen würde den Rahmen sprengen.

Im März 2023 wurden die vier PV-Anlagen gemeinsam bei einem Fachbetrieb beauftragt und schließlich im Juli 2023 in drei Tagen installiert und in Betrieb genommen.